Durch die Einwirkung der Kirche hatte der Mensch im
Mittelalter im allgemeinen eine Neigung zu einer besonderen Verehrung des
Kreuzes. Daher liebte er auch mehr die Werte der Seele und
alles, was zu ihrem Heil notwendig war.
Im 14. Jahrhundert:
„(…)zeichnete sich im christlichen Europa eine
Mentalitätsänderung ab, die dann im Verlauf des 15. Jahrhunderts immer
deutlichere Züge annahm. Das Streben nach irdischen Freuden wuchs zu einer
wahren Gier. Die Vergnügungsveranstaltungen wurden immer häufiger und
prunkvoller.“
Ergebnis:
„(…)Der wachsende Hang zu einem lust- und phantasievollen Leben des Genusses führte in Kleidung, Sitten, Sprache, Literatur und Kunst zu
immer deutlicheren Anzeichen von Sinnlichkeit und Verweichlichung.“
„(…)Alles gewann einen ausgelassenen, verspielten und
festlichen Charakter. Die Herzen wendeten sich nach und nach von der
Opferfreudigkeit, von der wahren Kreuzesverehrung und dem Streben nach
Heiligkeit und nach dem ewigen Leben ab.“[1]
Seit dem Ende des Mittelalters bis in unsere Tage nahm
dieser Hang immer mehr an Stärke zu. Leider ist die Gesellschaft, in der wir
leben, von ihm durchtränkt und die allgemeine Regel scheint zu sein die
Befriedigung der leiblichen Gelüste.
Der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort (1673 – 1716),
ein feuriger französischer Missionar, erkannte, mit Hilfe der Gnade, den Mangel
an Kreuzesliebe bei den Menschen seiner Zeit. Um diese Liebe zu erneuern,
schrieb er einen „Rundbrief an die Freunde des Kreuzes“. So lehrt er in diesem:
„Ein Freund des Kreuzes ist ein von Gott auserwählter
Mensch unter Zehntausenden, die nach den Sinnen und der bloßen Vernunft leben,
um als ein ganz vergöttlichter Mensch [2] zu sein, und erhaben über die Vernunft
[3] und ganz in Gegnerschaft zu den Sinnen [4], für ein Leben im Lichte des
reinen Glaubens und in brennender Liebe zum Kreuze.“
Da der Hochmut und die Sinnlichkeit — die wichtigsten
Triebkräfte der Revolution — die Seele des Menschen beherrschen, wenn er sich
von der Liebe zum Kreuz abwendet und eine hemmungslose Eigenliebe entwickelt,
empfiehlt der hl. Ludwig als Gegenmittel die Hinnahme der Verdemütigung und eine
Liebe zum Opfergeist: „Ein Freund des Kreuzes ist ein allmächtiger König und
ein über den Satan, die Welt und das Fleisch und ihre drei Begierlichkeiten
triumphierender Held. Durch seine Liebe zu den Verdemütigungen wirft er den
Stolz Satans nieder, durch seine Liebe zur Armut besiegt er den Geiz der Welt
und durch seine Liebe zum Leiden ertötet er die Sinnlichkeit des Fleisches.“[5]
Diese Beschreibung erinnert uns an den hl. Franz von
Assisi, ein Heiliger, der von Gott in eine Zeit berufen wurde, in der die
ersten Keime dieser Dekadenz aufgetreten sind. Um davon eine Vorstellung zu haben,
braucht man sich nur an die Opposition und Unverständnis zu erinnern, denen er
ausgesetzt war. Es ist zu glauben, dass sein Wirken den Beginn des
revolutionären Prozesses verzögert hat.
Ein Gegenrevolutionär wird nicht echt sein, solange er
nicht ein „Freund des Kreuzes“ ist.
______________
Anmerkungen
[1] vgl. Revolution und Gegenrevolution I. Teil, III.
Kapitel, 5 A.
[2] Im Sinn von „Ich lebe, nein, nicht mehr ich, es lebt
in mir Christus“ (Gal 2.20).
[3] Erhaben über, doch nicht gegen die rechte Vernunft.
[4] Das Thema Widrigkeit der Sinne wird in einem anderen
Post anhand eines erläuternden Textes des hl. Thomas von Aquin behandelt.
[5] „Rundschreiben an die Freunde des Kreuzes“, 2. Teil –
Bedeutung dieses Namens. Das goldene Buch vom hl. Ludwig Maria Grignion von
Monfort, Lins-Verlag, A-6804 Feldkirch, 1987.
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