Dienstag, 17. Juni 2014

Maria an die hl. Brigitta

Die Muttergottes spricht über das Heiligste Herz Jesu
Plinio Corrêa de Oliveira 
Ich möchte hier die Worte der Muttergottes an die hl. Brigitta über das Heiligste Herz Jesu kommentieren.
„Das Herz meines Sohnes ist überaus lieblich wie Honig und gar rein wie die allerreinste Quelle, aus welcher alles, was tugendhaft und gut ist, hervorgeht. Er ist auch der Süßeste. Denn was ist für einen vernünftigen Menschen süßer, als die Liebe meines Sohnes bei der Schöpfung und Erlösung, bei seinen Arbeiten, Lehren, in seiner Freundlichkeit und in seiner Geduld zu betrachten? Seine Liebe ist nicht vorüberfließend wie das Wasser, sondern anhaltend dauerhaft, weil seine Liebe bis auf den letzten Augenblick bei den Menschen bleibt, so dass, wenn der Sünder schon an der Pforte des Verderbens stünde, aber noch von dort, mit dem Willen, sich zu bessern, zu ihm riefe, er demselben entrissen werden würde. Zum Herzen Gottes zu gelangen, sind ferner zwei Wege. Der erste ist die Demut einer wahren Reue, und diese führt den Menschen in das Herz Gottes und in die geistliche Unterredung ein; der zweite Weg ist die Betrachtung des Leidens meines Sohnes, welche die Härte aus dem Herzen des Menschen hinwegzieht, und ihn fröhlich zum Herzen Gottes den Lauf nehmen lässt.“
Diese Botschaft enthält etliche Lehren.
Die erste, die ich hervorheben möchte ist diese: Das Heiligste Herz Jesu enthält alles was tugendhaft und gut ist im Universum; es enthält es nicht nur sondern es entspringt aus ihm, als seine Quelle.
Was bedeutet diese Behauptung? Sie ist so poetisch, dass man zunächst meint, sie hätte keinen definierbaren Sinn. Wir sind nämlich an soviel leere Poesie gewohnt, dass wir davon ausgehen, dass alles was poetisch ist, keinen Sinn hat.
Doch es ist hier drinnen ein sehr tiefer Sinn, und der ist folgender: Wir sollen Unseren Herrn Jesus Christus als Gott-Mensch betrachten; in Ihm den Menschen und Gott unterscheiden. Wenn wir Ihn als Gott wahrnehmen, ist es klar, dass die vorhandenen Schönheiten und die Herrlichkeiten des Universums von Ihm ausgegangen sind, denn Er ist der Schöpfer und alles wurde nach Seinem Bild und Ähnlichkeit, zu Seinem Ruhm erschaffen. So ist alles Gute und Lobenswerte in der Schöpfung unter allen Umständen ein Abbild Gottes, es ist Gott ähnlich.
Wenn wir Unseren Herrn Jesus Christus als Mensch betrachten, wird das Verständnis dieser beschriebenen Tatsache etwas schwieriger, so dass es angebracht ist, es ein wenig ausführlicher zu erklären.
Jesus als Mensch ist wahrhaftig Mensch. Er hat einen menschlichen Körper und eine menschliche Seele. Zugleich ist Er intim verbunden mit der zweiten Person der göttlichen Dreifaltigkeit. Das bedeutet, es gibt in Jesus nur eine Person mit zwei Naturen.
In seiner menschlichen Natur ist Jesus der königliche Herrscher der Schöpfung in dem Sinn, da Er Mensch ist, ist er der vollkommenste Mensch, den es je gegeben hat und geben wird, und das nicht nur im moralischen Sinn, sondern auch als menschlicher Typus, Er ist das Urbild des Menschen.
Dem menschlichen Geschlecht ist es nicht gegeben, eine Person hervorzubringen, die Unserem Herrn gleichen könnte. Er ist der Gipfel des Menschengeschlechts in seinem Verstand, da Er alle möglichen Formen und Stufen des Verstandes besitzt, die der Geist des Menschen besitzen kann. Er Besitzt die vortrefflichsten Eigenschaften, die der menschliche Wille in der Lage ist zu besitzen. Er besitzt alle möglichen Formen und Arten des menschlichen Gefühles. Sei ehrwürdiger Körper besitzt alle Wahrnehmungsfähigkeiten, mit denen ein menschlicher Körper ausgestattet werden kann. Sein Antlitz hat alle Vollkommenheiten, die ein menschliches Antlitz nur haben kann. Sein Blick hat alle Schönheiten, die ein menschlicher Blick nur haben kann. Er ist wahrhaftig der Gipfel der sichtbaren Schöpfung, weil der Mensch der Höhepunkt der Schöpfung ist und Er als vollendeter Mensch über der Menschheit steht. Da Er der wahrhaftige Monarch der Menschheit ist, ist Er der wahre Monarch der Schöpfung. Die ganze Schöpfung spiegelt die Vortrefflichkeiten des Menschen wider, aber vor allem des Menschen schlechthin, Jesus Christus in seiner Menschlichkeit.
Ein Beispiel zum besseren Verständnis: Wir sagen, zum Beispiel, eine Person hat einen Verstand, der dem Flug eines Adlers gleicht. In Wahrheit ist es aber umgekehrt: Der Flug des Adlers gleicht den Bewegungen des Verstands des Menschen. Das ist kein Wortspiel. Denn wenn eine Ähnlichkeit zwischen etwas Größerem und etwas Kleinerem besteht, ist der Kleinere in der Tat dem Größeren ähnlich und nicht der Größere dem Kleineren.
Nehmen wir, zum Beispiel, die Königin von England und eine Schneiderin, die der Königin sehr ähnlich sieht. Wir werden niemals sagen, die Königin und die Schneiderin sind sich sehr ähnlich, aber schon, die Schneiderin sieht der Königin ähnlich. Das Kleine sieht dem Großen ähnlich und nicht umgekehrt.
Wenn also die ganze Schöpfung Ähnlichkeiten mit den guten Eigenschaften des Menschen aufweist oder auch mit seinen Fehlern – denn auch das hat Gott so eingerichtet –, so ist es auch wahr, dass alles Schöne der Schöpfung Unserem Herrn Jesus Christus ähnlich ist. In Seiner Menschlichkeit konzentrieren sich in einem unvorstellbaren hohen Grad alle Schönheiten der Schöpfung.
Im obigen angeführten Text wird gesagt, dass alles, was tugendhaft und gut ist, aus Ihm hervorgeht. Doch Christus wurde als Mensch geschaffen, als diese Tugenden und Schönheiten schon existierten. Wie können sie also aus Ihm hervorgehen?
Dies hat einen genauen Sinn: Alle minderen Dinge wurden erschaffen, um die Höheren hervorzuheben. Das Höhere ist die Endursache des Niederen. So sagt man, dass die Pflanzen zum Nutzen der Tiere erschaffen wurden und nicht die Tiere zum Nutzen der Pflanzen. Das Tier ist also nicht die Ursache der Pflanze, sondern die Pflanze ist zum Zweck der Nahrung des Tieres erschaffen worden. Die Philosophie nennt das die Endursache.
Unser Herr Jesus Christus ist als Mensch die Endursache der ganzen Schöpfung, das heißt, alles wurde erschaffen zum Dienste und Nutzen dieses vollkommenen Menschen, den Gott erschaffen würde. So geht sozusagen alles von Ihm aus, selbst das, was vor Ihm da war.
Das hilft uns die fast unendliche Weite und Breite der Vollkommenheiten Unseres Herrn zu verstehen. Wenn wir also groß und vollkommen sein wollen, können wir das nur erreichen indem wir Jesus in allem nachahmen. Es gibt keinen anderen Weg. Er hat ja gesagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“
Das war eine kleine philosophische Betrachtung über die Verehrung des Heiligsten Herzen Jesu, bzw. seiner heiligsten Menschheit, in hypostatischer Union mit der zweiten Person der göttlichen Dreifaltigkeit. Es war keine gewöhnliche Betrachtung einer Gefühlsfrömmigkeit, die sich damit begnügt, süßliche Gefühle in Bewegung zu setzen und Tränen der Rührung zu vergießen. Unsere Frömmigkeit muss auf Vernunft und Verstand ruhen, um die Tiefen der göttlichen Geheimnisse zu erforschen, zu finden und zu lieben und dann die praktischen Konsequenzen ziehen. Nur das ist gottgefällig.

(Vortrag am 22. Mai 1969)


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